Vertriebler – Wolf oder Schaf?
Soll ein Vertriebler eher als Wolf oder Schaf auftreten?
Diese zugegebenermaßen eher provokant und reißerisch formulierte Frage hat in den Leben der meisten Vertriebler eine große Bedeutung. Manchmal auch unbewusst.
Gerade am Anfang im Leben als Vertriebler versucht man dem Kunden gegenüber möglichst freundlich zu sein und all seine Kundenwünsche, egal wie ausgefallen, zu erfüllen.
Dabei werden Anfragen an die vertriebenen Produkte beantwortet, die mit dem eigentlichen Nutzen nichts mehr zu tun haben und das geplanten Einsatzgebiet weit überragen. Das verlangt einen hohen zeitlichen Aufwand und kostet wertvolle Ressourcen. Auch zeigt meine Erfahrung, dass gerade die Kunden, die solche Anfragen stellen, eher diejenigen sind, die eine geringe Absicht auf einen Abschluss innehaben.
Warum ist das so?
Oftmals ist ein solcher Kunde nicht überzeugt von dem Produkt, will aber selber nicht direkt Nein sagen (Wer stößt einen anderen Menschen schon gerne vor den Kopf?!). Nun sucht er nach Argumenten, um sein Nein zu begründen. Daher beauftragt er den Vertriebler tiefere Informationen zu beschaffen, um daraus seine Entscheidung ableiten zu können.
Ein anderer Grund ist, dass es Missverständnisse im Use-Case des angebotenen Produkts gibt und daher der Kunde Anforderungen befriedigt haben möchte, die in den bisherigen Verkaufsunterlagen keine Berücksichtigung gefunden haben.
Diese nachträglich zu erstellen, besonders durch einen teuren Vertriebler, kommt der eben beschriebenen Verschwendung von Ressourcen gleich. Produkte sind für einen bestimmten Anwendungszweck optimiert. Darauf sollte sich der Vertriebler konzentrieren. Ein Kunde, der eine Anforderung hat, für die ein Produkt direkt entwickelt ist, ist in den meisten Fällen einfacher und schneller zu überzeugen, als wenn ein Kunde außerhalb des Basis Nutzens überzeugt werden will.
Wie geht man damit um?
Wichtig ist hier erst einmal die Kundenperspektive mit möglichst vielen Fragen genau zu verstehen. Wenn dann ein Schmerz des Kunden identifiziert ist, ist es die Aufgabe des Vertrieblers den Kunden zum Abschluss zu führen.
Allerdings erfordert das auch, dem Kunden Gedanken und Anwendungsgebiete auszureden, die nicht zum Produkt passen. Hier muss dann der Vertriebler lernen Nein zu sagen.
Besonders wichtig ist das, wenn der Kunde ein großes Zahlenwerk oder eine zeitaufwändige Spezialpräsentation anfordert, um eher unwichtige Details klären zu können. Es gilt natürlich das Nein professionell und freundlich rüberzubringen ebenso wie eine Begründung zu geben und gleichzeitig eine für die Situation günstigere Alternative vorzuschlagen.
Ein anderes Beispiel für ein Verhalten unerfahrener Vertriebsmitarbeiter ist eine eher unterwürfige Haltung gegenüber seinem Kunden. Das liegt oftmals daran, dass sich der Vetriebler seiner eigenen Wertigkeit nicht bewusst ist und sich unter den Kunden stellt. Dabei wird auch oft noch fälschlicher Weise angenommen, dass der Kunde mehr über sein Fachgebiet weiß als der Vertriebler und daher mit seinen Einwänden und seiner Kritik Recht haben muss. Mit unterwürfigem Verhalten wird daher versucht einer Ablehnung entgegenzuwirken.
Beispiele hierfür wären zu devote Fragen im Konjunktiv, ob es okay wäre wenn man sich in zwei Wochen wieder melden darf. Damit wirkt der Vertriebler beim Kunden als schwach. Die Ausstrahlung der Schwäche leitet natürlich auch gleich auf das Produkt ab, denn er wirkt von seinem Produkt nicht überzeugt zu sein. Und warum sollte der Kunde ein Produkt kaufen, von dem nicht einmal der Verkäufer überzeugt ist? Der sollte sein Produkt ja schließlich am besten kennen.
Die Antwort ist dabei in vielen Fällen „Ich werde dann bei Interesse auf sie zukommen“, und schon ist man aus dem Spiel.
Hier wäre es besser einen selbstbewussten Vorschlag zu unterbreiten, wie: „Okay, dann schlage ich vor, dass ich mich in zwei Wochen wieder bei Ihnen melde, um die nächsten Schritte zu besprechen.“ Hier Nein zu sagen erfordert vom Kunden sehr viel mehr Energie, als einfach nur zuzustimmen. Leider führt diese Haltung auch nicht immer zum Ziel. Im Gegenteil! In diesem Fall kann der Kunde leicht annehmen, dass der Vertriebler nur von sich selbst und wiederum nicht von dem Produkt überzeugt ist.
Die Lösung:
Zu empfehlen ist stark und selbstbewusst, aber auf keinen Fall arrogant aufzutreten! Man sollte ruhig auch Kanten zeigen und auch mal Nein sagen. Das stärkt das Profil des Vertrieblers, da das Gegenüber das Gefühl bekommt dass ihm hier nicht nur nach dem Mund geredet und das blaue vom Himmel versprochen wird.
Am Ende vom Gespräch immer auch konkrete nächste Schritte vereinbaren und diese einfordern. Selber ein Commitment geben und einhalten. Das führt zu einem Vertrauen zwischen Kunde und Vertriebler und fördert den Abschluss.
Abschließend kann man sagen, dass ein Vertriebler auf keinen Fall ein Schaf sein sollte. Allerdings ist auch die Zeit von Wölfen (wir erinnern uns an das alte Hardselling) vorbei. Ein Vertriebler sollte auf jeden Fall authentisch sein und sich dabei nicht anbiedern. Ein Auftreten auf Augenhöhe IST DER Schlüssel.